Nestlé hält Einfluss von Agrarspekulanten für „völlig überschätzt“
18. August 2010In der Debatte um steigende Lebensmittelpreise hat der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé vor zu schneller Kritik an Spekulanten gewarnt. Der Anbau von Biosprit-Pflanzen verknappe Agrarflächen, die neuartige Ölförderung aus Ölsanden lasse zudem Wasser knapp werden, sagte Verwaltungsratschef Peter Brabeck der „Zeit“. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) warnte erneut vor steigenden Lebensmittelpreisen.
„Der Einfluss von Spekulanten auf die Preise von Agrarrohstoffen wird völlig überschätzt“, sagte Nestlé-Verwaltungsratschef Brabeck. Langfristig gefährde der drohender Wassermangel und schwindende Agrarflächen die Welternährung viel stärker. Verantwortlich dafür sei die steigende Nachfrage nach Biokraftstoffen und die Förderung von Öl aus alternativen Quellen wie etwa den kanadischen Teersanden.
„Mit riesigen Mengen Wasserdampf wird dort das Öl aus dem Sand gelöst. Brauchte man bei konventioneller Förderung noch einen Liter Wasser für einen Liter Öl, sind es bei den Teersanden schon vier Liter“, sagte er. Zudem hänge die Förderung von Biodiesel direkt mit dem Lebensmittelmarkt zusammen, weil dadurch weniger Fläche für den Anbau von Lebensmitteln zur Verfügung stehe.
Die Spekulationen an den Agrarbörsen werden nach Ansicht von Brabeck die Nahrungsmittelkrise nicht verschärfen. „Ich glaube nicht, dass eine neue Hungersnot droht. Der Weizenpreis ist in den letzten Wochen um 50 Prozent gestiegen, aber längst nicht so stark wie bei der Krise vor zwei Jahren.“
An den internationalen Agrarbörsen gehen die Preise für Agrarprodukte wie Weizen und Soja nach oben. Deshalb sind Preiserhöhungen für Lebensmittel zu befürchten. Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner warnte den Handel deshalb vor „überzogenen Preiserhöhungen“ zum jetzigen Zeitpunkt. Diese seien „kaum seriös zu begründen“, sagte die Ministerin der „Passauer Neuen Presse“. Die Preise gingen zwar nach oben, „aber das ist noch lange kein Grund heute schon über einen Anstieg der Verbraucherpreise zu spekulieren.“