Beipackzettel zu Risiken von Finanzprodukten ab Frühjahr geplant
22. September 2010Bankkunden sollen ab kommendem Frühjahr bei der Beratung einen sogenannten Beipackzettel zu Risiken und Kosten von Finanzprodukten erhalten. Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch auch, dass die Finanzaufsicht BaFin Finanzberater bei fehlender Eignung aus dem Verkehr ziehen und bei falscher Beratung Bußgelder verhängen darf. Zwei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise will sie so den Schutz von Privatanlegern stärken.
Auf dem Beipackzettel müssen die Banken über Erträge und Risiken einer Anlage aufklären und die Kosten offenlegen – auch die Provisionen, die Bankberater für die Vermittlung erhalten. Solche Produktinformationsblätter gibt es bereits bei manchen Banken, sie sind aber nicht einheitlich. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hatte bereits im Sommer vergangenen Jahres ein Muster dafür vorgestellt. Da sich die Branche bislang nicht auf ein einheitliches Blatt habe einigen können, gebe es nun eine gesetzliche Regelung, erklärte Aigner. Regierungskreisen zufolge arbeiten die Banken aber an einem gemeinsamen Muster.
Nur einheitliche Beipackzettel ermöglichten es den Bankkunden auch, die verschiedenen Finanzprodukte zu vergleichen, sagte die Referentin für Geldanlage beim Bundesverband Verbraucherzentralen, Dorothea Mohn, der Nachrichtenagentur AFP. Im Gesetzentwurf fehlten dazu die konkreten Vorgaben, kritisierte die Verbraucherschützerin. Ein Sprecher Aigners sagte, dies könne der Gesetzgeber per Verordnung gewährleisten.
Auch die Qualifikation von Finanzberatern wird in dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetzentwurf geregelt: Banken und andere Institutionen müssen die Eignung ihrer Berater künftig nachweisen. Beschwerden gegen die Beratung müssen BaFin gemeldet werden. Stellt sich heraus, dass ein Berater nicht ausreichend qualifiziert ist, kann sein Einsatz untersagt werden. Auch empfindliche Bußgelder sind vorgesehen, wenn Banken gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen.
Die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zusammengeschlossenen Bankenverbände kritisierten dies scharf: Die Registrierung und Sanktionierung der Mitarbeiter schieße „weit über das Ziel hinaus“, erklärte der ZKA. Allein bei Banken und Sparkassen seien rund 300.000 Mitarbeiter betroffen. Sanktionen sollten sich weiterhin gegen Unternehmen richten, nicht gegen einzelne Beschäftigte.
Das Bundesfinanzministerium kündigte einen weiteren Gesetzentwurf zum Anlegerschutz bis Ende des Jahres an. Sprecher Michael Offer sagte, das Kabinett werde auch schärfere Kontrollen des sogenannten grauen Kapitalmarktes auf den Weg bringen. Hier werden spezielle Produkte wie Beteiligungen an Immobilien oder Schiffen vertrieben – bislang gänzlich ohne staatliche Aufsicht.
Die Verkäufer dieser Produkte sollen nach bisherigen Plänen des Finanz- und des Bundeswirtschaftsministeriums der Gewerbeaufsicht unterstellt bleiben, nicht der Finanzaufsicht. Sie sollen künftig aber auch Vorgaben zur professionellen Ausbildung zur Beratung, Information und Dokumentation unterliegen, wie es sie schon für alle anderen Wertpapiere gibt.
Anlage-Expertin Mohn sagte AFP, dieser geplante „Flickenteppich“ unterschiedlicher Regulierungen sei der Hauptkritikpunkt der Verbraucherschützer am geplanten Anlegerschutz der Regierung. Kontrolliert werden müssten die Vorgaben durch eine einzige Aufsichtsbehörde, nicht durch mehrere.