„FTD“: EU schreckt bei Bahn-Liberalisierung vor Deutschland zurück
7. September 2010Die EU will die Deutsche Bahn einem Zeitungsbericht zufolge zu keiner stärkeren Trennung von Passagierverkehr und Schienennetz zwingen. Verkehrskommissar Siim Kallas wolle die Trennung, die Folgen für die Konkurrenz auf der Schiene und damit die Kunden haben könnte, zunächst nicht durch strengere EU-Regeln durchsetzen, berichtete die „Financial Times Deutschland“ vom Dienstag. Das Blatt berief sich auf einen Entwurf der Reform der EU-Eisenbahnrichtlinien.
Die Kommission plant demnach zwar Erleichterungen für die privaten Konkurrenten der Deutschen Bahn und der französischen Bahn SNCF beim Güterverkehr, nicht aber beim Passagierverkehr. Sie wolle hier nur die nationalen Aufsichtsbehörden stärken und die Regierungen zu Investitionen in das Schienennetz verpflichten. Kallas wolle so unter anderem einem Konflikt mit Deutschland aus dem Weg gehen, schrieb die Zeitung. Eine Sprecherin von Kallas sagte auf Anfrage nur, dass die Reform nächsten Mittwoch beschlossen werden solle.
Im Juni hatte die Kommission noch Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil es die Unabhängigkeit des Netzbetreibers nicht ausreichend garantiere. Der größte Teil der Gleise wird von der DB Netz betrieben, die ebenso zur Deutschen Bahn gehört wie deren Töchter für den Passagier- und Güterverkehr. Zusammen gehören die Unternehmen dem Bund.
Die Kommission befürchtet, dass die DB Netz, die die Trassen zuteilt, womöglich Wettbewerber der Deutschen Bahn benachteiligen könnte. Dies könnten zuletzt die Kunden zu spüren bekommen: Je mehr Konkurrenz es auf den Schienen gibt, desto eher dürften die Ticketpreise sinken, bei Vormachtstellung eines Konzern dürften sie eher steigen.
Ein Bahn-Sprecher sagte am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP, die Qualität und Quantität der Konkurrenz auf der Schiene in Deutschland widerlege die Bedenken der Kommission. Zudem unterliege die Bahn bereits einer „engmaschigen Aufsicht“ durch Bundesnetzagentur und Eisenbahnbundesamt.