Kabinett beschließt Reform der Krankenkassen–Finanzierung
22. September 2010Das Bundeskabinett hat die Reform zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beschlossen. Der von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vorgelegte Entwurf sieht vor, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr von derzeit 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. Künftig soll es zudem einkommensunabhängige Zusatzbeiträge geben, für die die Versicherten einen Sozialausgleich erhalten, wenn sie zwei Prozent des Einkommens übersteigen. Zugleich sieht der Gesetzentwurf Einsparungen bei Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen vor.
Das Gesetz sei „schlicht und ergreifend ungerecht“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im ZDF. Die Steigerung der Kosten im Gesundheitssystems werde in Zukunft „einseitig auf Arbeitnehmer“ verlagert. Weiterhin würden jene Patienten in den Krankenzimmern bevorzugt, die in einer privaten Krankenversicherung seien. „Ich will, dass die Schwere der Krankheit über die Behandlung entscheidet“, sagte Nahles.
Röslers Gesetzentwurf bezeichnete die SPD-Generalsekretärin als „dreiste Klientelpolitik“. Der Minister habe sich die Feder für das Gesetz von der Pharmaindustrie führen lassen. Bei Einsparungen sei der Minister „halbherzig“ vorgegangen. „Ich habe definitiv das Gefühl, dass wir uns in einem halbem Jahr erneut zusammensetzen müssen, weil die Arzneimittelpreise weiter steigen werden“, sagte Nahles.
Rösler konterte: „Die Maßnahmen, die wir auf Weg bringen, führen dazu, dass die gesetzlichen Krankenkassen elf Milliarden Euro zusätzlich im nächsten Jahr bekommen“, sagte er im ZDF. Der Pharmaindustrie würden dagegen durch „harte Instrumente“ wie Herstellerrabatt und Preismoratorium zwei Milliarden Euro genommen.
Angesichts des prognostizierten Milliardendefizits und der alternden Bevölkerung habe es keine andere Möglichkeit als die Reform gegeben, um das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten, sagte Rösler. „Wir haben das Problem für 2011 gelöst und langfristig ein neues Finanzierungsystem geschaffen.“ Dabei verwies er auf die „weitestgehende Entkopplung der Krankenversicherungskosten von den Lohnzusatzkosten“ und eine „Einführung von einkommensunabhängigen Beiträgen, die sozial ausgeglichen werden“.
Mit dem Gesetzesvorhaben soll das für 2011 ursprünglich prognostizierte Defizit der Kassen von elf Milliarden Euro zu einem großen Teil ausgeglichen werden. Auf der Tagesordnung des Kabinetts steht zudem der Jahresbericht der Regierung zum Stand der Deutschen Einheit und ein Gesetz zum besseren Schutz von Anlegern.