Weitere EC–Karten–Netzbetreiber sammlen Daten zu Zahlungsfähigkeit
24. September 2010Beim Bezahlen mit EC-Karte müssen die Kunden offenbar nahezu flächendeckend mit der ungefragten Prüfung ihrer Zahlungsfähigkeit rechnen. Neben Marktführer Easycash bieten laut „Frankfurter Rundschau“ vom Freitag mindestens zwei weitere große EC-Netzbetreiber solche Bonitätsanalysen an. Der Kieler Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert warf den Firmen vor, eine „illegale Bonitätsauskunftei“ zu betreiben.
Beim zweitgrößten Anbieter Telecash wird bei EC-Kartenzahlung dem Bericht zufolge sofort an der Kasse geprüft, ob das Bezahlen mit Unterschrift erlaubt wird. Ansonsten wird die Geheimnummer des Kunden verlangt. Das Bezahlen mit Unterschrift ist für die Händler deutlich kostengünstiger – zugleich aber auch risikoreicher, da die Geschäfte von den Banken kein Geld erhalten, wenn das Konto nicht gedeckt ist.
Auch die zu ebenfalls zu den großen Karten-Netzbetreibern zählende Firma Intercard wirbt auf ihrer Internetseite, zunächst werde das Bezahlen mit Unterschrift autorisiert. „Nur bei erkannten Risiken wird automatisch auf das PIN-basierte electronic-cash-Verfahren umgeschaltet, um gegebenenfalls die Zahlung durch Anfrage bei der Bank des Kunden absichern zu lassen.“ Von Telecash und Intercard waren am Freitag zunächst keine Stellungnahmen zu erhalten.
Laut Einzelhandelsverband HDE wurden im vergangenen Jahr 12,2 Prozent des Umsatzes im Handel per EC-Lastschriftverfahren bezahlt. Alle großen Systemanbieter würden direkt an der Kasse „Weizen und Spreu unter den Kunden“ trennen, berichtete die „FR“. Dabei griffen die Firmen nicht nur auf legale Sperrdateien zurück, in denen Kunden mit jüngst geplatzten Abbuchungen vermerkt seien. Vielmehr würden auch „Positivlisten“ angelegt.
So heiße es bei Intercard, dass 75 Prozent aller in Deutschland im Handel eingesetzten Karten in einer sogenannten White-List des Unternehmens geführt würden. Laut „FR“ werden darin offenbar Daten über Häufigkeit des Karteneinsatzes und eingesetzte Summen ausgewertet. Daraus könne ein grober Rückschluss auf die Bonität gezogen werden.
Datenschützer Weichert sagte der „FR“: „Das ist eindeutig rechtswidrig.“ Kontodaten und genaue Informationen über Einkäufe seien ganz klar personenbezogene Daten, die nicht auf diese Art verwendet werden dürften. „Für mich ist das ein neuer Datenschutzskandal.“
Marktführer Easycash war am Donnerstag in die Kritik geraten, da das Unternehmen Angaben zu Betrag, Zeitpunkt und Ort von Transaktionen speichert. Ziel sei es, auf Grundlage der Daten Empfehlungen für Vertragsunternehmen unter anderem im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit des Karteninhabers zu erstellen. Kritik von Datenschützern, für die Datenspeicherung sei das Einverständnis der Kunden notwendig, hatte Easycash zurückgewiesen.
Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen, forderte nach den Berichten über Easycash schärfere Sanktionen. Eine Verschärfung des Bundesdatenschutzgesetzes sei der falsche Weg, sagte Billen „Handelsblatt Online“. Es sei zwar gut, wenn die Koalition dem weiteren Missbrauch von EC-Kartendaten einen Riegel vorschieben wolle. Das Problem seien aber weniger fehlende rechtliche Regeln, sondern deren konsequente Umsetzung. „Damit das Recht kein zahnloser Tiger bleibt, muss es schärfere Kontrollen und Sanktionen geben.“